Die Wirtschaft der Eurozone navigiert derzeit durch ein komplexes Zusammenspiel von Kräften, bei dem ein stabiles internes Inflationsumfeld in starkem Kontrast zu externen Belastungen durch handelspolitische Verschiebungen und Währungsabwertung steht. Während vorläufige Daten eine komfortable Position der Europäischen Zentralbank (EZB) hinsichtlich der Preisstabilität signalisieren, haben jüngste Entwicklungen in den globalen Handelsbeziehungen erhebliche Volatilität an den Währungs- und Aktienmärkten hervorgerufen und die Erwartungen der Anleger auf dem gesamten Kontinent neu kalibriert.
- Die Inflation in der Eurozone verharrte im Juli bei 2,0 % jährlich, die Kerninflation bei 2,3 %.
- Die EZB hielt ihre Leitzinsen im Juli stabil und beendete damit einen einjährigen Lockerungszyklus.
- Der Euro verzeichnete im Juli einen Rückgang von 2,8 % gegenüber dem US-Dollar und erreichte ein Siebenwochentief von 1,14.
- Ein neues EU-US-Handelsabkommen führte zu Volatilität, da es als vorteilhafter für die USA wahrgenommen wurde.
- Europäische Aktienmärkte litten unter der Ankündigung globaler Zölle durch US-Präsident Trump.
Laut den vorläufigen Eurostat-Zahlen für Juli stiegen die Verbraucherpreise in der Eurozone im Jahresvergleich um 2 %, was dem im Juni beobachteten Tempo entspricht. Diese Stabilität, obwohl Ökonomen zuvor einen leichten Rückgang auf 1,9 % erwartet hatten, bestätigt weitgehend den strategischen Ansatz der EZB nach einer Phase anhaltenden Inflationsdrucks. Die Kerninflation, die die volatileren Kategorien Nahrungsmittel und Energie ausschließt, blieb ebenfalls unverändert bei 2,3 % jährlich, obwohl ein marginaler monatlicher Rückgang verzeichnet wurde. Innerhalb des Blocks variierten die Inflationsraten, wobei Estland und Kroatien mit 5,6 % bzw. 4,5 % die höchsten Jahreswerte verzeichneten, während Frankreich und Zypern mit 0,9 % und 0,1 % die niedrigsten aufwiesen.
Vorsichtige EZB-Haltung inmitten handelspolitischer Unsicherheiten
Als Reaktion auf diese Inflationsdaten hielt die EZB ihre Leitzinsen im Juli stabil und signalisierte damit den Abschluss eines einjährigen Lockerungszyklus, in dem die Kreditkosten achtmal gesenkt worden waren. Diese Entscheidung unterstreicht den aktuellen „Abwarten und Beobachten“-Ansatz der Zentralbank. Christine Lagarde, Präsidentin der EZB, bekräftigte, die Institution befinde sich „an einem guten Punkt“, warnte jedoch vor den Herausforderungen bei der Einschätzung der zukünftigen Auswirkungen von Zöllen, da sowohl inflationäre als auch disinflationäre Kräfte am Werk seien. Der Fokus der politischen Entscheidungsträger liegt nun fest darauf, wie das kürzlich angekündigte EU-US-Handelsabkommen das zukünftige Preisumfeld gestalten wird.
Das sich wandelnde Schicksal des Euro
Nach einer robusten Performance im ersten Halbjahr schloss die Gemeinschaftswährung den Juli im negativen Bereich ab und verzeichnete damit ihren ersten monatlichen Rückgang. Der Euro wertete gegenüber dem US-Dollar um 2,8 % ab und erreichte mit 1,14 ein Siebenwochentief, wobei die meisten dieser Verluste in der letzten Woche des Monats auftraten. Dieser Wendepunkt resultierte maßgeblich aus der Anlegerwahrnehmung, dass das Handelsabkommen zwischen US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für Washington vorteilhafter war. Dieses Gefühl, kombiniert mit starken US-Wirtschaftsdaten, einem Anstieg der amerikanischen Inflation und der Entscheidung der Federal Reserve, die Zinsen stabil zu halten, ohne baldige Senkungen zu signalisieren, beschleunigte gemeinsam den Abstieg des Euro. Während das aktuelle Umfeld weniger extrem ist als die Turbulenzen am Energiemarkt im September 2022, die den Euro unter Parität fallen ließen, wird seine Entwicklung für den Rest des Jahres stark von bevorstehenden Wirtschaftsdaten und den sich entwickelnden Auswirkungen der globalen Handelspolitik abhängen.
Marktreaktion: Aktien unter Zolldruck
Die europäischen Aktienmärkte gerieten erheblich unter Druck, nachdem Präsident Trump eine globale Basiszollrate von 10 % und zusätzliche Vergeltungszölle von 25 % bis 41 % für Länder ohne formelle Handelsabkommen ankündigte. Diese Politik betraf direkt Nationen wie Indien, Kanada und die Schweiz, während China, vorbehaltlich einer separaten Frist, ausdrücklich ausgenommen war. Der breitere Markt reagierte scharf, wobei der EURO STOXX 50 um 1,7 % fiel und der STOXX 600 um 1,3 % nachgab. Auch nationale Benchmarks verzeichneten Rückgänge, darunter Deutschlands DAX, Italiens FTSE MIB und Frankreichs CAC 40.
Mehrere europäische Großunternehmen verzeichneten starke Verluste. Die Aktien von AXA stürzten nach der Meldung eines Rückgangs des Nettogewinns um 6 % ab, und Daimler Truck gab nach einer Gewinnwarnung 5 % nach. Der Pharmasektor sah sich erneutem Druck ausgesetzt, als die US-Regierung Schreiben an 17 große Arzneimittelhersteller verschickte, in denen sie diese aufforderte, die Preise zu senken. Dies führte zu einem erheblichen Rückgang von 4,7 % bei Novo Nordisk, was den wöchentlichen Rückgang des Unternehmens auf beispiellose 33 % brachte – den steilsten in der Geschichte des Unternehmens.

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