Geschlechterungleichheit bei der wirtschaftlichen Teilhabe bleibt ein allgegenwärtiges Problem in ganz Europa und äußert sich erheblich in Beschäftigungsquoten, der Beteiligung am Arbeitsmarkt und der Vergütung. Ein Hauptgrund für diese anhaltende Lücke ist die unverhältnismäßige Belastung durch unbezahlte Arbeit, die von Frauen getragen wird. Die Analyse von Daten aus OECD-Ländern zeigt, dass Frauen täglich fast doppelt so viel Zeit für unbezahlte häusliche und pflegerische Verpflichtungen aufwenden wie Männer.
Diese Diskrepanz führt zu spürbaren Unterschieden bei der täglichen Zeiteinteilung. In 23 europäischen Ländern verbringen Frauen durchschnittlich 262 Minuten pro Tag mit unbezahlter Arbeit, während Männer etwa 141 Minuten aufwenden. Dies ergibt ein erhebliches tägliches Defizit von 121 Minuten, was über zwei Stunden entspricht, in denen Frauen wesentliche, aber unbezahlte Arbeit leisten. Die Intensität dieser Lücke variiert jedoch erheblich von Land zu Land.
Regionale Unterschiede bei der unbezahlten Arbeit
Das Spektrum dieser geschlechtsspezifischen Aufteilung der unbezahlten Arbeit ist riesig. Schweden weist die geringste Lücke auf, wobei Frauen täglich 220 Minuten im Vergleich zu 171 Minuten bei Männern aufwenden, ein Unterschied von 49 Minuten. Dies stellt auch die niedrigste tägliche Gesamtzeit für unbezahlte Arbeit von Frauen unter den untersuchten Ländern dar. Nordische Länder zeigen generell eine starke Leistung bei der Minderung dieses Ungleichgewichts, wobei Dänemark (31 % Lücke), Norwegen (35 % Lücke) und Finnland (50 % Lücke) ebenfalls die geringsten Disparitäten aufweisen.
Umgekehrt stellt die Türkei einen extremen Ausreißer dar, wo Frauen 349 % mehr unbezahlte Arbeit leisten als Männer und täglich 305 Minuten aufwenden. Nach der Türkei werden erhebliche Lücken in südeuropäischen Ländern wie Portugal (242 % Lücke), Griechenland (173 % Lücke) und Italien (134 % Lücke) beobachtet. Spanien rangiert ebenfalls mit einer Lücke von 98 % bemerkenswert hoch, was darauf hindeutet, dass Frauen dort fast doppelt so viel unbezahlte Arbeit leisten wie Männer.
Auswirkungen auf die Erwerbsbeteiligung
Der OECD-Bericht „Gender Equality in a Changing World“ unterstreicht die nachteiligen Auswirkungen unbezahlter Arbeit auf die Beteiligung von Frauen an bezahlter Beschäftigung. Er besagt ausdrücklich, dass unbezahlte Pflichten eine formidable Barriere darstellen können, die einige Frauen daran hindert, in den formellen Arbeitsmarkt einzutreten oder dort zu bleiben. Dieser Zusammenhang wird bei der Untersuchung der Erwerbsbeteiligungsquoten deutlich. Die Türkei beispielsweise meldete 2024 mit 37 % die niedrigste Erwerbsbeteiligungsquote, deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 53 %. Italien (42 %) und Griechenland (45 %) weisen ebenfalls niedrigere Beteiligungsquoten auf und fallen mit den größten geschlechtsspezifischen Lücken bei der unbezahlten Arbeit zusammen.
Ursachen der Lücke
Zu den beitragenden Faktoren für diese Disparitäten gehören Betreuungsverpflichtungen und tief verwurzelte soziale Normen. In Ländern wie der Türkei und Italien schränken der begrenzte Zugang zu erschwinglichen Kinderbetreuungs- und Altenbetreuungsdiensten sowie gesellschaftliche Erwartungen hinsichtlich der häuslichen Rollen von Frauen die Fähigkeit von Frauen ein, eine Beschäftigung zu suchen und zu behalten. Diese Elemente tragen gemeinsam zu den niedrigeren Erwerbsbeteiligungsquoten von Frauen in diesen Volkswirtschaften bei. Unter den fünf größten Volkswirtschaften Europas weisen Italien und Spanien die größten Lücken bei der unbezahlten Arbeit auf. Deutschland mit einer Lücke von 61 %, Frankreich mit 66 % und das Vereinigte Königreich mit 78 % zeigen vergleichsweise kleinere, wenn auch immer noch erhebliche, Disparitäten.
Zusammensetzung der unbezahlten Arbeit
Die Haushaltsführung macht in praktisch allen Ländern den vorherrschenden Teil der unbezahlten Arbeit für Frauen und Männer aus und macht häufig über 70 % der täglichen unbezahlten Zeit aus. Die Betreuung von Haushaltsmitgliedern und Einkäufe sind die nächstwichtigsten Kategorien und machen zusammen etwa 90 % aller unbezahlten Aktivitäten aus. In Portugal widmen Frauen beispielsweise 253 ihrer 328 täglichen unbezahlten Minuten der Haushaltsführung, ein Anteil von 77 %. Dieser Anteil sinkt in Frankreich leicht auf 70 % und in Dänemark auf 60 %.
Strategien zur Überbrückung der Kluft
Die OECD betont die Rolle erlernter „Normen und Stereotypen“ bei der Aufrechterhaltung dieser Ungleichheiten und schlägt vor, dass Interventionen diese tief verwurzelten gesellschaftlichen Einstellungen von klein auf angehen sollten. Um die geschlechtsspezifische Lücke bei der unbezahlten Arbeit wirksam zu verringern, fordert der Bericht stärkere politische Maßnahmen von nationalen Regierungen und der Europäischen Kommission. Die wichtigsten Empfehlungen konzentrieren sich auf die Bewältigung der grundlegenden Treiber dieses Ungleichgewichts, wie z. B. die Verbesserung des Zugangs zu erschwinglichen Betreuungsdiensten und die Infragestellung traditioneller Geschlechterrollen innerhalb des Haushalts.

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